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Der römisch-katholische Dom St. Martin steht auf erhöhtem Terrain zwischen der Pfarrgasse und Rochusgasse in der Stadtgemeinde Eisenstadt im Burgenland. Seit 1960 ist die ehemalige Stadtpfarrkirche die Kathedrale der Diözese Eisenstadt.
Die erste urkundliche Erwähnung einer dem heiligen Martin gewidmeten
Kapelle erfolgte im Jahre 1264. Damals erhielt auch das heutige
Eisenstadt seinen ersten Namen „minor Martin“, Kleinmartinsdorf (ungar.
Kismarton). Von dieser Kapelle ist noch ein romanisches Fundament im
Bereich des heutigen Presbyteriums erhalten. Im 13. Jahrhundert wurde
sie um einen Chor im frühgotischen Stil erweitert, im 14. Jahrhundert
wurde eine Familiarenkapelle errichtet. Im Jahre 1460 kam es zum
Kirchenneubau unter Stadthauptmann Johann Siebenhirter als Wehrkirche,
da ein Einfall der Türken nach dem Fall Konstantinopels 1453 erwartet
wurde. Der gotische Bau wurde 1522 fertiggestellt. Nach dem großen
Brand 1589 vergingen fast 30 Jahre, ehe die stark beschädigte Kirche
von 1610 bis 1629 wiederaufgebaut wurde.
St. Martin ist der Schutzpatron des Eisenstädter Doms, des Bistums
Eisenstadt und des Burgenlandes. Diese Statue wurde ursprünglich von
Jakob Adlhart für das Presbyterium der Kuppel geschaffen. Der heilige
Martin wird entweder als römischer Soldat zu Pferd oder wie hier als
Bischof dargestellt. Beide Darstellungsformen zeigen immer auch einen
Bettler, der Christus selbst ist, um Martin zu testen.
Der hl. Martin von Tours (316/336–397) wurde nicht weit von der Grenze
des heutigen Burgenlandes in Szombathely/Steinamanger geboren. Zwei
Legenden aus seinem Leben haben ihn sehr bekannt gemacht. In seiner
Dienstzeit als römischer Soldat teilte er vor dem Stadttor von Amiens
seinen Mantel mit einem frierenden Bettler; in der Nacht erschien ihm
dann Christus als der vermeintliche Bettler, der ihn in Wahrheit
prüfte. Als Martin später, inzwischen Christ geworden und als
Einsiedler lebend, zum Bischof gewählt wurde, soll er sich in einem
Gänsestall versteckt haben, da er lieber sein monastisches Leben
weiterführen wollte. Das Geschnatter der Gänse habe ihn aber verraten.
So wurde er Bischof des heute mittelfranzösischen Bistums Tours.
Schon unmittelbar nach seinem Tod setzte seine Verehrung ein. Er galt
später als Schutzherr des fränkischen Reiches und Heeres – so fand sein
Kult unter Kaiser Karl dem Großen um 800 auch im heutigen Österreich
weite Verbreitung. Die vielen Martinskirchen haben zum Teil eine sehr
lange geschichtliche Tradition. Die im Jahr 1777 gegründete Diözese
Szombathely/Steinamanger erwählte den hl. Martin zu ihrem Schutzpatron.
Das Martinspatrozinium des heutigen Domes von Eisenstadt ist bereits
1264 nachweisbar. Das 1921 von Ungarn abgetrennte Burgenland und die
1922 hier errichtete Apostolische Administration waren bestrebt, einen
Landespatron mit Beziehungen zum Burgenland zu finden. Einem Ansuchen
der Burgenländischen Landesregierung vom Juli 1924 entsprechend
bestimmte schließlich Papst Pius XI. den hl. Martin zum
burgenländischen Landespatron.
Nach der Errichtung des Bistums Eisenstadt wurde die Kirche St. Martin
im Jahre 1960 zur Domkirche (Kathedrale) erhoben. Der Heilige Martin
von Tours wurde Diözesan- und Landespatron. Unter Bischof Stephan
László wurden 1960 der Innenraum und die Fenster neu gestaltet. Im
Jahre 2003 kam es unter Bischof Iby zur Neugestaltung des Domes, für
welches das Architekturbüro Lichtblau-Wagner zeichnete. Mit dem Fest
der Domsegnung am 12. April 2003 und der Altarweihe wurde die
Renovierung nach einem Jahr Bauzeit abgeschlossen.
Zur Zeit Maria Theresias, als in Eisenstadt die Fürsten Paul Anton und
Nikolaus Esterházy wie kleine Könige residierten, gab es einen
gewaltigen Aufstieg der königlichen Freistadt Eisenstadt. Daran
partizipierte selbstverständlich auch die Kirche. Im Jahre 1745
entstand die noch heute bestehende Kanzel. Sie ist das Werk eines
Wiener Künstlers. Zwei vergoldete Reliefs an der geschweiften Brüstung
zeigen Christus unter den Schriftgelehrten und den göttlichen Sämann.
Den Schalldeckel ziert die sitzende Figur des Völkerapostels Paulus.
Der Bau der Orgel erfolgte im Jahr 1778 durch den Orgelbauer Johann
Gottfried Malleck aus Wien aufgrund einer Stiftung der Witwe Theresia
Frigl. Der Neubau war erforderlich, da die vorherige Orgel bei
Umbauarbeiten stark beschädigt worden war. Größere Umbauten an der
Orgel erfolgten 1944 durch die Orgelbauanstalt Karl Schuke (Berlin).
Damals wurden der Pedalumfang und der Umfang des ersten Manuals
erweitert sowie ein Register hinzugefügt. Die letzte Restaurierung
durch Schuke fand 1973 statt, dabei wurden sämtliche Zubauten aus den
1940er Jahren entfernt und zusammen mit der Pedalwindlade (12 Töne),
dem Pedal-Holzregister und dem Prospekt rekonstruiert. Kennzeichnend
für das Instrument ist, dass es einerseits noch barocke Elemente
aufweist, während vieles bereits auf eine sich im frühen 19.
Jahrhundert endgültig durchsetzende Klangästhetik vorausweist.
1777/78 wurde ein von Stephan Dorfmeister geschaffenes großes Altarbild
angebracht, welches „Die Verklärung des Hl. Martin“ zeigt. Im Jahr
darauf errichtete der Wiener Orgelbauer Malleck nach Anweisungen von
Joseph Haydn eine Kirchenorgel.
Apotheose des Heiligen Martin von Stephan Dofmeister von 1777, früher Hochaltar im Dom
Die Fenster des Presbyteriums spiegeln das Thema Christkönig wider und
stammen von Franz Deéd. Die Glasfenster des Kirchenschiffes zeigen
Motive aus der Offenbarung des Johannes und sind das Werk von Margret
Bilger. Goldmosaik im Chor schuf Martha Bolldorf-Reitstätter.
Am 11. November 2015 segnete Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics die
neue Monstranz (heißt Herzeigegerät) im Martins-Dom Eisenstadt. In der
Mitte befindet sich eine Reliquie des Heiligen Martin. Eine Reliquie
(vom lateinischen reliquiae „zurückgelassen", „Überbleibsel") ist ein
Gegenstand, oft ein Körperteil oder ein Teil des persönlichen Besitzes
eines Heiligen. Durch die Martins-Monstranz wird ein kleines
Knochenstück vom Heiligen Martin hergezeigt und verehrt.
Am Palmsonntag, 12. April 2003 wurde der Altar feierlich von Bischof
Paul Iby konsekriert. Damals wurden im Reliquiar Reliquien folgender
Heiligen beigesetzt: hl. Martin von Tours, hl. Stephan (König von
Ungarn), hl. Elisabeth v. Thüringen, sel. Ladislaus Batthany-Strattmann
und hl. Viktoria. Diese Heiligen sind gewissermaßen „anwesend“ bei den
Gottesdiensten im Dom.
Bild des seligen Ladislaus Batthyány-Strattmann
Seit 2011 hängt an der linken Stirnseite unseres Martinsdoms die Ikone
des seligen Ladislaus, eingefasst in einem neuen Holzrahmen mit zwei
darin eingelassenen Reliquien. Am 2. Juli wurde dieses Bild, das vor
Jahren von Dr. Thomas Nemeth, Universitätsprofessor für orthodoxe
Theologie an der Universität Wien, gemalt wurde, feierlich gesegnet.
Der selige Ladislaus Batthyány-Strattmann (1870–1931) wurde im Jahre
2003 selig gesprochen – die Diözesen Eisenstadt und Steinamanger hatten
die Kanonisierung dieses tiefgläubigen Arztes und vorbildlichen
Ehemanns und Familienvaters in Rom eingereicht. Nach Bestätigung eines
Heilungswunders auf seine Fürsprache konnten damals an die 700
Gläubigen aus dem Burgenland und Ungarn in einer bewegenden Feier diese
erste Seligsprechung eines Burgenländers durch Papst Johannes Paul II.
erleben – einige Teilnehmer an der diözesanen Pilgerfahrt nach Rom
sprechen noch heute von diesem großen Ereignis.
Dieser heiligmäßige Gläubige, der seine hohe Berufsausfassung als Arzt
innerlich aus seiner gelebten Freundschaft mit Jesus Christus nährte
und dazu ein herzlicher Familienvater war, ist – so denke ich – gerade
auch für unsere Gegenwart ein Vor- und Leitbild: Dr. Ladislaus
Batthyány, der durch die Liebe und die gläubige Lebensgestaltung seiner
Gattin Maria Theresia Coreth, nach einer Glaubens- und Lebenskrise
während seines Medizinstudiums in Wien, als Arzt der Armen und Gründer
von zwei Krankenhäusern (Kittsee und Körmend) in der Erinnerung der
Menschen ist, bringt gelebten Glauben und tatkräftige Vernunft als
christliche Grundhaltungen zum Leuchten. Ich hoffe, dass dieser neue
Verehrungsort des seligen Ladislaus vielen Gläubigen eine Ermutigung
zum persönlichen Gebet und zur inneren Betrachtung wird.
Diese für die Baugeschichte des Domes äußerst interessante Wand, an der
noch ein gotisches Spitzbogenfenster (am Dachboden der Kapelle
sichtbar) vorhanden ist, muß als der älteste noch erhaltene Teil der
heutigen Domkirche bezeichnet werden. Die Chorpartie der
Familienkapelle zeigt heute noch ein gotische Kreuzrippengewölbe und
sehr kleine, schmale, go-tische Fenster. Die zwei Schlußsteine, ein
Christuskopf und eine schwörende Hand mit einem Kreuz, sind späteren
Datums. Diese kleine Kapelle wurde im Jahre 1709 vom damaligen
Stadtpfarrer und Titularbischof Markhl zu einer geräumigen Sakristei
erweitert. Erst anläßlich der Umgestaltung der Pfarrkirche zur
Domkirche ging die Pfarre daran, durch kleinere Umbauten und durch die
Errichtung eines Altars mit den Statuen der Heiligen Familie aus der
bisherigen Sakristei eine Werktagskapelle zu schaffen, die man wegen
dieser Statuengruppe „Familienkapelle" nannte.
Die drei polychromierten Holzfiguren von Jesus, Maria und Josef sollen
einstens in einer Josefskapelle aufgestellt gewesen sein (ehemaliges
Pöllingerhaus am Hyrtlplatz). Bei der Errichtung einer kleinen Kapelle
neben dem Eingang in die Stadtpfarrkirche im Jahre 1757 kam diese
Figurengruppe dorthin. Anläßlich der letzten großen Kirchenrenovierung
in den Fünfzigerjahren unseres Jahrhunderts mußten alle Seiten- und
Nebenkapellen verschwinden. Damals wurden die Statuen sachgemäß
erneuert und in der neuen Familienkapelle aufgestellt.
Eine Darstellung Gott-Vaters und des Heiligen Geistes in Gestalt einer
Taube ergänzen das Bild der Heiligen Familie. Auch ein bedeutendes Werk
Dorfmeisters, eine Immakulata aus dem Jahre 1777, befindet sich in
dieser Kapelle. Ein weiteres wertvolles Bild, Christus an der
Martersäule, das ebenfalls in der Familienkapelle aufgehängt ist, wird
einem spanischen Künstler zugeschrieben, der am Ende des 17.
Jahrhunderts gelebt hat.
Die Kirche ist eine dreischiffige spätgotische Hallenkirche, wobei die
Westfront als Zweiturmanlage geplant war, wo der Nordturm fünfgeschoßig
und der Südturm nur zweigeschoßig ausgeführt wurde, der Südturm mit die
zwischen den Türmen stehende Vorhalle stehen unter einem gemeinsamen
Walmdach. Der zweijochigen Chor in der Breite des Mittelschiffes
schließt mit einem Fünfachtelschluss, nördlich am Chor steht die
nebenchorartig schließende heutige Familienkapelle.