Dom St. Martin

Martinsdom in Eisenstadt, Mai 2023

Der römisch-katholische Dom St. Martin steht auf erhöhtem Terrain zwischen der Pfarrgasse und Rochusgasse in der Stadtgemeinde Eisenstadt im Burgenland. Seit 1960 ist die ehemalige Stadtpfarrkirche die Kathedrale der Diözese Eisenstadt.

 Dom St. Martin - Martinsdom in Eisenstadt, Mai 2023

Die erste urkundliche Erwähnung einer dem heiligen Martin gewidmeten Kapelle erfolgte im Jahre 1264. Damals erhielt auch das heutige Eisenstadt seinen ersten Namen „minor Martin“, Kleinmartinsdorf (ungar. Kismarton). Von dieser Kapelle ist noch ein romanisches Fundament im Bereich des heutigen Presbyteriums erhalten. Im 13. Jahrhundert wurde sie um einen Chor im frühgotischen Stil erweitert, im 14. Jahrhundert wurde eine Familiarenkapelle errichtet. Im Jahre 1460 kam es zum Kirchenneubau unter Stadthauptmann Johann Siebenhirter als Wehrkirche, da ein Einfall der Türken nach dem Fall Konstantinopels 1453 erwartet wurde. Der gotische Bau wurde 1522 fertiggestellt. Nach dem großen Brand 1589 vergingen fast 30 Jahre, ehe die stark beschädigte Kirche von 1610 bis 1629 wiederaufgebaut wurde.

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St. Martin ist der Schutzpatron des Eisenstädter Doms, des Bistums Eisenstadt und des Burgenlandes. Diese Statue wurde ursprünglich von Jakob Adlhart für das Presbyterium der Kuppel geschaffen. Der heilige Martin wird entweder als römischer Soldat zu Pferd oder wie hier als Bischof dargestellt. Beide Darstellungsformen zeigen immer auch einen Bettler, der Christus selbst ist, um Martin zu testen.

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Der hl. Martin von Tours (316/336–397) wurde nicht weit von der Grenze des heutigen Burgenlandes in Szombathely/Steinamanger geboren. Zwei Legenden aus seinem Leben haben ihn sehr bekannt gemacht. In seiner Dienstzeit als römischer Soldat teilte er vor dem Stadttor von Amiens seinen Mantel mit einem frierenden Bettler; in der Nacht erschien ihm dann Christus als der vermeintliche Bettler, der ihn in Wahrheit prüfte. Als Martin später, inzwischen Christ geworden und als Einsiedler lebend, zum Bischof gewählt wurde, soll er sich in einem Gänsestall versteckt haben, da er lieber sein monastisches Leben weiterführen wollte. Das Geschnatter der Gänse habe ihn aber verraten. So wurde er Bischof des heute mittelfranzösischen Bistums Tours.
 
Schon unmittelbar nach seinem Tod setzte seine Verehrung ein. Er galt später als Schutzherr des fränkischen Reiches und Heeres – so fand sein Kult unter Kaiser Karl dem Großen um 800 auch im heutigen Österreich weite Verbreitung. Die vielen Martinskirchen haben zum Teil eine sehr lange geschichtliche Tradition. Die im Jahr 1777 gegründete Diözese Szombathely/Steinamanger erwählte den hl. Martin zu ihrem Schutzpatron. Das Martinspatrozinium des heutigen Domes von Eisenstadt ist bereits 1264 nachweisbar. Das 1921 von Ungarn abgetrennte Burgenland und die 1922 hier errichtete Apostolische Administration waren bestrebt, einen Landespatron mit Beziehungen zum Burgenland zu finden. Einem Ansuchen der Burgenländischen Landesregierung vom Juli 1924 entsprechend bestimmte schließlich Papst Pius XI. den hl. Martin zum burgenländischen Landespatron.

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Nach der Errichtung des Bistums Eisenstadt wurde die Kirche St. Martin im Jahre 1960 zur Domkirche (Kathedrale) erhoben. Der Heilige Martin von Tours wurde Diözesan- und Landespatron. Unter Bischof Stephan László wurden 1960 der Innenraum und die Fenster neu gestaltet. Im Jahre 2003 kam es unter Bischof Iby zur Neugestaltung des Domes, für welches das Architekturbüro Lichtblau-Wagner zeichnete. Mit dem Fest der Domsegnung am 12. April 2003 und der Altarweihe wurde die Renovierung nach einem Jahr Bauzeit abgeschlossen.

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Zur Zeit Maria Theresias, als in Eisenstadt die Fürsten Paul Anton und Nikolaus Esterházy wie kleine Könige residierten, gab es einen gewaltigen Aufstieg der königlichen Freistadt Eisenstadt. Daran partizipierte selbstverständlich auch die Kirche. Im Jahre 1745 entstand die noch heute bestehende Kanzel. Sie ist das Werk eines Wiener Künstlers. Zwei vergoldete Reliefs an der geschweiften Brüstung zeigen Christus unter den Schriftgelehrten und den göttlichen Sämann. Den Schalldeckel ziert die sitzende Figur des Völkerapostels Paulus.

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Der Bau der Orgel erfolgte im Jahr 1778 durch den Orgelbauer Johann Gottfried Malleck aus Wien aufgrund einer Stiftung der Witwe Theresia Frigl. Der Neubau war erforderlich, da die vorherige Orgel bei Umbauarbeiten stark beschädigt worden war. Größere Umbauten an der Orgel erfolgten 1944 durch die Orgelbauanstalt Karl Schuke (Berlin). Damals wurden der Pedalumfang und der Umfang des ersten Manuals erweitert sowie ein Register hinzugefügt. Die letzte Restaurierung durch Schuke fand 1973 statt, dabei wurden sämtliche Zubauten aus den 1940er Jahren entfernt und zusammen mit der Pedalwindlade (12 Töne), dem Pedal-Holzregister und dem Prospekt rekonstruiert. Kennzeichnend für das Instrument ist, dass es einerseits noch barocke Elemente aufweist, während vieles bereits auf eine sich im frühen 19. Jahrhundert endgültig durchsetzende Klangästhetik vorausweist.

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1777/78 wurde ein von Stephan Dorfmeister geschaffenes großes Altarbild angebracht, welches „Die Verklärung des Hl. Martin“ zeigt. Im Jahr darauf errichtete der Wiener Orgelbauer Malleck nach Anweisungen von Joseph Haydn eine Kirchenorgel.

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Apotheose des Heiligen Martin von Stephan Dofmeister von 1777, früher Hochaltar im Dom

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Die Fenster des Presbyteriums spiegeln das Thema Christkönig wider und stammen von Franz Deéd. Die Glasfenster des Kirchenschiffes zeigen Motive aus der Offenbarung des Johannes und sind das Werk von Margret Bilger. Goldmosaik im Chor schuf Martha Bolldorf-Reitstätter.

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Am 11. November 2015 segnete Diözesanbischof Ägidius Zsifkovics die neue Monstranz (heißt Herzeigegerät) im Martins-Dom Eisenstadt. In der Mitte befindet sich eine Reliquie des Heiligen Martin. Eine Reliquie (vom lateinischen reliquiae „zurückgelassen", „Überbleibsel") ist ein Gegenstand, oft ein Körperteil oder ein Teil des persönlichen Besitzes eines Heiligen. Durch die Martins-Monstranz wird ein kleines Knochenstück vom Heiligen Martin hergezeigt und verehrt.

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Am Palmsonntag, 12. April 2003 wurde der Altar feierlich von Bischof Paul Iby konsekriert. Damals wurden im Reliquiar Reliquien folgender Heiligen beigesetzt: hl. Martin von Tours, hl. Stephan (König von Ungarn), hl. Elisabeth v. Thüringen, sel. Ladislaus Batthany-Strattmann und hl. Viktoria. Diese Heiligen sind gewissermaßen „anwesend“ bei den Gottesdiensten im Dom.

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Bild des seligen Ladislaus Batthyány-Strattmann
Seit 2011 hängt an der linken Stirnseite unseres Martinsdoms die Ikone des seligen Ladislaus, eingefasst in einem neuen Holzrahmen mit zwei darin eingelassenen Reliquien. Am 2. Juli wurde dieses Bild, das vor Jahren von Dr. Thomas Nemeth, Universitätsprofessor für orthodoxe Theologie an der Universität Wien, gemalt wurde, feierlich gesegnet.

Der selige Ladislaus Batthyány-Strattmann (1870–1931) wurde im Jahre 2003 selig gesprochen – die Diözesen Eisenstadt und Steinamanger hatten die Kanonisierung dieses tiefgläubigen Arztes und vorbildlichen Ehemanns und Familienvaters in Rom eingereicht. Nach Bestätigung eines Heilungswunders auf seine Fürsprache konnten damals an die 700 Gläubigen aus dem Burgenland und Ungarn in einer bewegenden Feier diese erste Seligsprechung eines Burgenländers durch Papst Johannes Paul II. erleben – einige Teilnehmer an der diözesanen Pilgerfahrt nach Rom sprechen noch heute von diesem großen Ereignis.
 
Dieser heiligmäßige Gläubige, der seine hohe Berufsausfassung als Arzt innerlich aus seiner gelebten Freundschaft mit Jesus Christus nährte und dazu ein herzlicher Familienvater war, ist – so denke ich – gerade auch für unsere Gegenwart ein Vor- und Leitbild: Dr. Ladislaus Batthyány, der durch die Liebe und die gläubige Lebensgestaltung seiner Gattin Maria Theresia Coreth, nach einer Glaubens- und Lebenskrise während seines Medizinstudiums in Wien, als Arzt der Armen und Gründer von zwei Krankenhäusern (Kittsee und Körmend) in der Erinnerung der Menschen ist, bringt gelebten Glauben und tatkräftige Vernunft als christliche Grundhaltungen zum Leuchten. Ich hoffe, dass dieser neue Verehrungsort des seligen Ladislaus vielen Gläubigen eine Ermutigung zum persönlichen Gebet und zur inneren Betrachtung wird.

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Diese für die Baugeschichte des Domes äußerst interessante Wand, an der noch ein gotisches Spitzbogenfenster (am Dachboden der Kapelle sichtbar) vorhanden ist, muß als der älteste noch erhaltene Teil der heutigen Domkirche bezeichnet werden. Die Chorpartie der Familienkapelle zeigt heute noch ein gotische Kreuzrippengewölbe und sehr kleine, schmale, go-tische Fenster. Die zwei Schlußsteine, ein Christuskopf und eine schwörende Hand mit einem Kreuz, sind späteren Datums. Diese kleine Kapelle wurde im Jahre 1709 vom damaligen Stadtpfarrer und Titularbischof Markhl zu einer geräumigen Sakristei erweitert. Erst anläßlich der Umgestaltung der Pfarrkirche zur Domkirche ging die Pfarre daran, durch kleinere Umbauten und durch die Errichtung eines Altars mit den Statuen der Heiligen Familie aus der bisherigen Sakristei eine Werktagskapelle zu schaffen, die man wegen dieser Statuengruppe „Familienkapelle" nannte.

Die drei polychromierten Holzfiguren von Jesus, Maria und Josef sollen einstens in einer Josefskapelle aufgestellt gewesen sein (ehemaliges Pöllingerhaus am Hyrtlplatz). Bei der Errichtung einer kleinen Kapelle neben dem Eingang in die Stadtpfarrkirche im Jahre 1757 kam diese Figurengruppe dorthin. Anläßlich der letzten großen Kirchenrenovierung in den Fünfzigerjahren unseres Jahrhunderts mußten alle Seiten- und Nebenkapellen verschwinden. Damals wurden die Statuen sachgemäß erneuert und in der neuen Familienkapelle aufgestellt.
Eine Darstellung Gott-Vaters und des Heiligen Geistes in Gestalt einer Taube ergänzen das Bild der Heiligen Familie. Auch ein bedeutendes Werk Dorfmeisters, eine Immakulata aus dem Jahre 1777, befindet sich in dieser Kapelle. Ein weiteres wertvolles Bild, Christus an der Martersäule, das ebenfalls in der Familienkapelle aufgehängt ist, wird einem spanischen Künstler zugeschrieben, der am Ende des 17. Jahrhunderts gelebt hat.

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Die Kirche ist eine dreischiffige spätgotische Hallenkirche, wobei die Westfront als Zweiturmanlage geplant war, wo der Nordturm fünfgeschoßig und der Südturm nur zweigeschoßig ausgeführt wurde, der Südturm mit die zwischen den Türmen stehende Vorhalle stehen unter einem gemeinsamen Walmdach. Der zweijochigen Chor in der Breite des Mittelschiffes schließt mit einem Fünfachtelschluss, nördlich am Chor steht die nebenchorartig schließende heutige Familienkapelle.

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